Die Bestände zahlreicher europäischer Vogelarten gehen seit vielen Jahren dramatisch zurück. Betroffen sind vor allem häufige Arten wie Haussperling, Star, Feldlerche oder Rebhuhn. Verantwortlich dafür seien die zunehmend intensivierte Landwirtschaft sowie die Vernichtung natürlicher Lebensräume. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der University of Exeter, die jüngst im Wissenschaftsmagazin Ecology Letters veröffentlicht wurde.
Die Forscher schätzen, dass heute etwa 421 Millionen Vögel weniger in Europa leben als noch vor drei Jahrzehnten, was einem Rückgang von etwa 20 Prozent entspricht. Alarmierend ist, dass unter den häufigen Vogelarten insbsondere die kleineren im Bestand überproportional abgenommen haben. Dies wirkt sich unmittelbar negativ auf die Ökosystemdienstleistungen aus, die von kleineren Vögeln bspw. durch Schädlingskontrolle erbracht werden.
Bemühungen zum Schutz setzen oftmals erst dann ein, wenn die Arten bereits selten geworden und gefährdet oder vom Aussterben bedroht sind. Beispielsweise zeigen in Deutschland Wiesenweihe, Großtrappe und Großer Brachvogel dank aufwändiger - und deshalb teurer – Schutzmaßnahmen einen positiven Bestandstrend. Oder es handelt sich um bekannte Sympathieträger des Naturschutzes, meist attraktive Großvogelarten wie Weißstorch, Kranich oder Seeadler.
Europaweit kam es vor allem zwischen 1980 und 2000 zu starken Bestandsabnahmen. Im neuen Jahrtausend hatte sich die Talfahrt dann verlangsamt. Aktuelle Forschungsergebnisse aus Deutschland weisen allerdings darauf hin, dass die kurze Verschnaufpause bereits vorbei ist. Seit Aufgabe der von der EU geförderten Stilllegung landwirtschaftlicher Anbauflächen zum Ende des letzten Jahrzehnts (die als Ordnungsinstrument nicht zum Zwecke des Naturschutzes sondern zur Stabilisierung der Marktpreise geschaffen worden war) und dem rasant steigenden Anbau von Energiepflanzen wie Mais, nimmt die Verarmung der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft wieder dramatisch zu. Dies zeigt der alljährlich vom Bundesamt für Naturschutz erstellte „Indikator für Artenvielfalt und Landschaftsqualität“.
Fazit der Forscher: Um den allgemeinen Rückgang der Vögel in der „Normallandschaft“ aufzuhalten, sind effektive Maßnahmen zum Schutz der Vögel, die stellvertretend für die Artenvielfalt insgesamt stehen, und ihrer Lebensräume dringlicher denn je. Große Sorge bereiten insbesondere die dramatischen Verluste in der Agrarlandschaft, die immerhin rund 50 % der Landfläche Deutschlands einnimmt.
Die Forschungsergebnisse der Exeter-Studie basieren auf Daten von 144 europäischen Vogelarten aus 25 europäischen Ländern, die im Rahmen des pan-europäischen Brutvogelmonitorings in den letzten drei Jahrzehnten erhoben wurden. Daten aus Deutschland stellte der Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) bereit, der – unterstützt durch Bund und Länder - das Vogelmonitoring auf nationaler Ebene koordiniert. Der schleichende Verlust der Artenvielfalt und die alarmierenden Bestandsrückgänge der Brutvögel Deutschlands sind auch Schwerpunkt des aktuellen Statusberichts „Vögel in Deutschland 2013“. Die gemeinsam vom Bundesamt für Naturschutz, der Länderarbeitsgemeinschaft staatlicher Vogelschutzwarten und dem DDA herausgegebene Publikation kann über den DDA-Schriftenversand bezogen oder hier kostenlos heruntergeladen werden.
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Grafik: Der Teilindikator „Agrarland“ zeigt einen sich signifikant vom Zielwert entfernenden Trend. © Vögel in Deutschland 2013